QAP Jahresrückblick 2014: Ein Krisenjahr wie 2008?

Trotz anhaltender Sorgen um Griechenland und die südeuropäischen Länder allgemein, der Ukraine-Krise, Ebola, ISIS und schwächerem Wachstum in den Schwellenländern, konnten der amerikanische und der europäische Aktienmarkt 2014 mit deutlich positiven Renditen abschließen. Dass diese mit 11% und 7% weniger als halb so hoch ausfielen wie im Vorjahr, sollte verschmerzbar sein. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass sich beide Märkte seit 2009 bereits verdoppelt hatten. Wie kommen wir vor diesem Hintergrund auf die Idee von einem Krisenjahr wie 2008 zu sprechen?

Es gibt zwei Parallelen. Schaut man unter die Haube der breiten Marktindizes, sieht man die deutlich bessere Entwicklung der defensiven Sektoren im Vergleich zu den offensiven. Sowohl in den USA als auch in Europa gab es diese starke Outperformance zuletzt 2011 und 2008. Wir erinnern uns, dass 2011 die Rating-Herabstufung der USA dazu führte, dass Europa das Jahr negativ beendete und die Amerikaner gerade so auf eine schwarze Null kamen. 2008 muss nicht näher erläutert werden.

Ein weiteres Indiz für die Vorteilhaftigkeit einer defensiven Haltung im vergangenen Jahr sehen wir durch eine ganz einfache Strategie, die wir in unserer Studie Mit Aktien-Rotation vom nächsten Drawdown profitieren vorgestellt haben. Nach dieser Strategie hätte man auf die groben Verlustbewegungen gewartet, um danach für einen Monat in den amerikanischen Aktienmarkt zu investieren. Von diesen Verlustbewegungen gab es zwei in 2014. Die Rendite, die man erzielt hätte, gleicht der des S&P 500. Dabei wäre man nur rund zwei Monate investiert gewesen und der höchste zwischenzeitliche Verlust lag gerade mal bei -0,7%.

Die zweite Parallele zu 2008 ist der stark gesunkene Ölpreis. Man könnte auf den Gedanken kommen, dass die Überrendite der defensiven Sektoren nur Folge des starken Ölpreis-Rückgangs ist. Dieser begann im Sommer, zu einer Zeit als bereits defensive Segmente, allen voran die Versorger und Gesundheitstitel, die beste Jahresperformance aufzeigten (neben Energie-Aktien übrigens).

Nach 2008 und nach 2011 erlebten wir jeweils zwei Folgejahre mit Renditen, die bei rund 20% im Mittel lagen. Steht eine Wiederholung in 2015 an?

Schaut man weiter in die Vergangenheit findet man die Dominanz der defensiven Sektoren über die offensiven zuletzt in 2000. Das war das erste von drei Jahren, in dem die Abwärtsbewegung nach dem Platzen der Internetblase ihren Verlauf nahm. Damals wäre man gut gefahren auch 2001 und 2002 in den defensiveren Sektoren investiert zu bleiben. Noch besser wäre es allerdings gewesen, wenn man in diesen Jahren gar nicht am Aktienmarkt investiert war. Ob unserer Einschätzung nach 2015 stärker 2001 oder eher 2009 gleichen wird, begründen wir weiter unten.

2014 war nicht nur dank der zwei erwähnten Parallelen ein interessantes Jahr. Von den Anleihemärkten lernten wir, dass Zinsen tiefer fallen können als man es für möglich hält und dennoch Investoren angezogen werden. Die Rendite ist mittlerweile nicht nur bei liquiden Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen auf Tiefstständen. Sogar bei illiquiden Anlageklassen, wie Gewerbeimmobilien, ist die Verzinsung auf unbekannt niedrigen Niveaus.

 

Unsere Strategien in 2014

Unser Multi-Strategy Global Equity-Ansatz, der ein Markt-Overlay mit mehreren Einzelstrategien auf die globalen Aktienmärkte vereint, erreichte 2014 insgesamt 44-mal neue Hochs. Diese Fähigkeit stellen wir heraus, da im vergangenen Jahr zwei zwischenzeitliche Abwärtsphasen die Aktienmärkte prägten. Anderen Ansätzen, die eine Absicherung gegen solche Verlustphasen beinhalten, gelingt oft der Einstieg zurück in steigende Märkte zu spät. Auch neue Hochs werden so erst später erreicht. Dieser Fallstrick vieler Trendfolge-Ansätze konnte vermieden werden, so dass der Multi-Strategy Global Equity-Ansatz 2014 nur 1% unter seinem Hoch aus dem November abschloss.

Von den derzeit sieben Einzelstrategien konnten lediglich drei den S&P 500 im abgelaufenen Jahr übertreffen. Die US Index-Auswahl fällt darunter. Die Auswahl des NASDAQ 100 gegenüber dem S&P 500 und dem Russell 2000 bestand fast das gesamte Jahr über. Auch die Emerging Market-Auswahl hatte eine erfreuliche Entwicklung. Indien war über alle 12 Monate selektiert, während China den Staffelstab an Brasilien in der zweiten Jahreshälfte übergab. Außen vor waren Russland und Mexiko.

Die mit Abstand beste Strategie war die Europa Sektoren-Auswahl. Die Strategie konnte in jedem einzelnen Monat des Jahres eine bessere Wertentwicklung verzeichnen als ihr Referenzmarkt. Im Gegensatz dazu steht die US-Sektor-Auswahl, der eine andere Herangehensweise zu Grunde liegt. Insbesondere der Fall des Ölpreises mit seiner Auswirkung auf Energie-Aktien führte dazu, dass diese Strategie nur knapp im positiven Territorium das Jahr 2014 beendete.

Zwischen Gut und Böse liegen die Europa Index-Auswahl und die US-Stil-Rotation. Beiden Strategien gemeinsam waren die häufigen Positionswechsel, die selten ein gutes Zeichen sind.

Obwohl die Mehrheit der Strategien demnach kein gutes Jahr hatte, konnte die Zusammenstellung als Gesamtansatz überzeugen. Die Diversifikation über Regionen, Risiko-Rendite-Treiber und Markt-Granularität (Index, Sektor, Stil) erfüllte damit ihren Zweck in 2014. Dabei wurde sich auf keinerlei Korrelationen oder sonstige vorgetäuschten Sicherheiten verlassen. Vor bösen Überraschungen, wie in der letzten Woche beim Schweizer Franken gesehen, soll so auch zukünftig ein Schutz gegeben sein.

 

Ausblick

Mit dem Anleihen-Kaufprogramm der EZB (QE), das als beschlossen gilt, scheint sich die Zinssituation vorerst nicht zu ändern. Übergeordnet werden mit Spannung die weiteren Zinsentscheidungen der US-Zentralbank erwartet. Eine Anhebung der Zinsen gilt als sicher, während der Zeitpunkt und die Zinsschritte von externen Faktoren abhängig zu sein scheinen. Wir glauben, dass die FED keine neue Richtung einschlagen wird und tendenziell die Zinsen sehr tief hält, wenn Anlageklassen Unsicherheit im Markt signalisieren. Auch wenn die Arbeitslosenquote in den USA einen klaren Trend nach unten aufweist, kann ein positives Bild nicht ohne Reallohnsteigerungen gemalt werden. Auf diese wartet man selbst in den USA vergebens, Europa erwähnen wir erst gar nicht. Zusammen mit den gesunkenen Ölpreisen, die über Zweitrundeneffekte Produkte und Dienstleistungen vergünstigen, ist ein Ausbleiben von Reallohnsteigerungen ein gefürchtetes Deflationsszenario.

2008/2009 und in den Folgejahren war die Konsensmeinung, dass die japanische Deflationsproblematik durch die Zentralbank- und Fiskal-Politik nicht nach USA und Europa geholt wird. Und hier stehen wir nun. Fünf Jahre später, mit Unmengen an gedrucktem Geld, enorm hoher (Jugend-)Arbeitslosigkeit in Europa, ohne nachhaltige Wachstumsmotoren in den meisten Industrienationen und steigender sozialer Divergenz, haben wir es zumindest geschafft, dass Aktien- und Anleihemärkte kontinuierlich steigen.

Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Amerikaner keinen Monat ohne das Einkommen aus ihren aktuellen Jobs auskommen könnte. Zusammen mit der Tatsache, dass die jüngeren Arbeitnehmer über Studienkredite (über-)schuldet sind, stellt das keine gute Voraussetzung dar, um bei Gehaltsverhandlungen Druck aufbauen zu können oder leichtfertig Stellen zu wechseln. Alles in allem keine Indikation für Reallohnsteigerungen.

Zinsen könnten also nach wie vor niedrig bleiben, die Zinskurve invertieren und die langfristigen Verwerfungen (Enteignung der Sparer, Altersarmut, keine strukturellen Wachstumsmaßnahmen in Europa) weiter ausgeweitet werden.

Den niedrigen Ölpreis schätzen wir als eine Maßnahme der OPEC ein, um die marginalen Produzenten (auch Länder) – das schwächste Glied in der Kette – aus dem Markt zu werfen. Einen Preisverfall in die Regionen die 2008 erreicht wurden (30 USD/Barrel) halten wir nicht für besonders abwegig. Dabei muss Öl nicht sehr lange günstig bleiben und kann schnell wieder ansteigen. Profitieren würden neben den Saudis, dem sicherlich zuverlässigsten Lieferanten von günstigem Öl, auch die großen integrierten Konzerne und selbst die großen Service-Gesellschaften, die bald Filetstücke aufsammeln können. Solange kein Schaden angerichtet wurde (Notverkäufe, Insolvenzen, Projektabsagen, etc.) dürfte der Ölpreis auf den niedrigen Niveaus bleiben.

Positiv mag sich der niedrige Ölpreis auf den Konsum auswirken. Ob dies aber die erwarteten großen Effekte hat darf aus zwei Gründen bezweifelt werden. Zum einen die oben erwähnte enge Budget-Situation vieler US-Haushalte und zweitens der möglicherweise nur kurze Verbleib von Öl auf den niedrigen Niveaus. Große Anschaffungen werden sicherlich nicht von der Einsparung beim Benzin über einige Monate abhängig gemacht. Es bleibt abzuwarten, wie diese Kostenentlastung insbesondere von den US-Konsumenten umgesetzt wird.

Die Euro-Abwertung 2014 war signifikant und für viele aus einer rein intuitiven Perspektive erwartungsgemäß. Währungen können stabile Trends entwickeln, die sie über jede faire Bewertungsspanne hinaus katapultieren. Oft enden diese starken Trends abrupt genau dann, wenn sich praktisch jeder Marktteilnehmer für die Fortsetzung ausgesprochen hat. Beim EUR/USD könnten wir nahe diesem Zeitpunkt sein.

Größere Verwerfungen sehen wir auf Grund der aktuellen Euro-Schwäche derzeit nicht. Einen Nachfrageschub für das ein oder andere Produkt aus Europa könnte es geben. Erhöht sich jedoch der Ölpreis auf sein altes Niveau ohne Aufwertung des Euros, wird es für die Öl importierenden Europäer teuer.

Mit nach wie vor niedrigen Zinsen und keiner Veränderung der Gesamtsituation zu den Vorjahren – China wächst langsamer, USA schaut gebannt auf den eigenen Arbeitsmarkt, Europa versucht sich im achten Jahren immer noch zu retten – dürfte auch die Story für den Aktienmarkt in Takt bleiben. Die Partizipation am Aktienmarkt ist nach wie vor nicht hoch, die Bewertungen sind nicht überzogen, teilweise sogar sehr moderat und die Alternativen sehen sehr ausgereizt aus (Anleihen, Immobilien). Anders als im Jahr 2000 gibt es keine Bewertungs-Exzesse und Kleinanleger sind weder von ihrer Anzahl noch ihrer Euphorie ähnlich engagiert wie in dem Aktienboom Ende der 90er Jahre.

Wir gehen davon aus, dass es auch in 2015 wieder diese schnellen Verlustphasen am Aktienmarkt geben kann, die zwar wieder Fragen nach Bewertungen, Risiken und anderen Ausstiegsgründen aufwerfen werden, aber wie in den Vorjahren eher technisch getrieben sein werden. Gefahren kommen allerdings meist von dort, wo keiner hinschaut („die unbekannten Unbekannten“) oder eine Sicherheit nur vorgetäuscht wird (siehe Schweizer Franken in der vergangenen Woche).

Unabhängig von jeder persönlichen Einschätzung sind wir unseren systematischen Anlagestrategien verpflichtet, die wir auch in 2015 kontinuierlich weiterentwickeln werden.